Verbraucherstreitbeilegungsgesetz – 7 wichtige Fragen und Antworten zum Thema

Welche Rechte und Pflichten haben Sie als Verbraucher oder Unternehmer?

Seit dem 01.04.2016 ist das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VBSG) in Kraft. Lesen Sie hier, was auf Sie zukommt und worauf Sie achten müssen, wenn Sie online verkaufen oder einkaufen.

  1. Was bringt das neue Verbraucherschutzgesetz?
  2. Wie funktioniert die Verbraucherstreitbeilegung in Europa?
  3. Wer informiert über die neue Schlichtungsmöglichkeit?
  4. Kommen nun Verbraucher leichter zu ihrem Recht?
  5. Faires Verfahren oder verordnete Kulanz?
  6. Was haben Unternehmer von dem neuen Verbraucherstreitbeilegungsgesetz?
  7. Was müssen Unternehmer beachten?

1. Was bringt das neue Verbraucherstreitbeilegungsgesetz? – Kann ich als Verbraucher meine Ansprüche jetzt leichter durchsetzen?

Mit dem neuen Verbraucherstreitbeilegungsgesetz bemüht sich der europäische Gesetzgeber, dem Verbraucher die Durchsetzung möglicher Ansprüche gegenüber Unternehmern, insbesondere aus Online-Verträgen und grenzüberschreitenden Verträgen zu erleichtern. Die neue Verbraucherschlichtung soll das Hemmnis aufwändiger Rechtsstreitigkeiten vor den staatlichen Gerichten beseitigen und so den Handel im europäischen Binnenmarkt fördern. Dazu sollen Verbraucher auf freiwilliger Basis Beschwerden gegen Unternehmer bei Stellen einreichen können, die außergerichtliche Streitbeilegungsverfahren anbieten. Die Stellen sind:

  • unabhängig
  • unparteiisch
  • transparent
  • effektiv
  • schnell
  • fair

Alle europäischen Staaten sind verpflichtet, im nationalen Recht eine gesetzliche Grundlage für die Verbraucherstreitbeilegung zu schaffen. In Deutschland ist das mit dem VBSG geschehen, das am 01.04.2016 in Kraft getreten ist. An diesem Tag nahm auch eine allgemeine Schlichtungsstelle ihre Arbeit auf, die in Deutschland für alle Streitigkeiten zuständig ist, für die es keine  branchenspezifischen Schlichtungsstellen gibt.

2. So funktioniert die Verbraucherstreitbeilegung in Europa – Verbraucher reichen Beschwerden in ihrer Landessprache ein.

Die europäische Kommission hat eine interaktive Online-Plattform eingerichtet, über die Sie als Verbraucher in Ihrer Landessprache Beschwerden aus online geschlossenen Kauf- und Dienstleistungsverträgen einreichen können, wenn Sie sich nicht  unmittelbar mit dem Vertragspartner (Unternehmer) einigen konnten. Die Beschwerde wird dann gegebenenfalls übersetzt und der zuständigen Schlichtungsstelle zugewiesen. Die Schlichtungsstelle soll innerhalb von 90 Tagen – nach Vorlage der vollständigen Unterlagen – einen Schlichtungsvorschlag unterbreiten, dessen Annahme den Parteien aber in der Regel freigestellt ist.

3. Als Unternehmer müssen Sie über die neue Schlichtungsmöglichkeit informieren! – Verlinken Sie zur europäischen Schlichtungsplattform.

Bereits seit 09.01.2016 sind alle Unternehmer, die online Verträge schließen, verpflichtet, auf ihrer Website den Link zur europäischen Schlichtungsplattform einzurichten und ihre Emailadresse anzugeben. Die Europäische Kommission schaffte es immerhin bis zum 15.02.2016, die Plattform auch freizuschalten.

Darüber, welche nationale Schlichtungsstelle für eine Verbraucherbeschwerde zuständig ist, müssen Unternehmer ihre Kunden erst und nur dann informieren, wenn eine unmittelbare Einigung über eine Verbraucherstreitigkeit nicht zustande gekommen ist. Diese Informationspflicht tritt aber erst ab 01.02.2017 in Kraft. Ab diesem Stichtag müssen Unternehmer auf ihrer Website dann auch erklären, ob sie bereit oder verpflichtet sind, an einem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen. Eine generelle Pflicht für Unternehmer, sich auf eine außergerichtliche Schlichtung einzulassen, gibt es also nicht und wird es auch ab dem 01.02.2017 nicht geben.

4. Als Verbraucher werden Sie auch künftig zu Gericht gehen müssen, um „zu ihrem Recht“ zu kommen.

Die Verbraucherstreitschlichtung ist gegenüber einem Rechtsstreit dadurch einfacher und leichter zugänglich, dass keine Gerichtskosten einzuzahlen sind und gegebenenfalls der Übersetzungsaufwand in eine andere Sprache entfällt. Anwaltspflicht besteht nicht. Verbrauchern bleibt aber auch in diesem Verfahren nicht erspart, ihre Beschwerde zu begründen und die erforderlichen Beweisunterlagen vollständig vorzulegen. Eigene Ermittlungen der Schlichterstelle wird es nicht geben.

Im Unterschied zu einem Gerichtsverfahren können Unternehmer auch nicht gezwungen werden, sich auf ein Schlichtungsverfahren überhaupt nur einzulassen. Wer „sein Recht“ durchsetzen will, wird in vielen Fällen auch künftig zu Gericht gehen müssen. Die Schlichtungsstellen können nur Einigungsvorschläge unterbreiten. Eine dem Gerichtsverfahren vergleichbare rechtlich verbindliche Bewertung eines Sachverhalts findet nicht statt.

Die gesetzlich erklärte Zielsetzung, ein transparentes, effektives, schnelles, faires und (für Verbraucher) weitgehend kostenloses Verfahren bereit zu stellen, lässt vermuten, Verbraucher könnten über die Schlichtungsstellen generell leichter „Recht“ kommen als im förmlichen Gerichtsverfahren. Wie viel von dieser Zielsetzung im Ergebnis über bleibt, wird sich zeigen müssen.

5. Faires Verfahren oder verordnete Kulanz?  – Als Verbraucher haben Sie nicht automatisch Anspruch auf Kulanz.

Die Schlichtungsverfahren werden nach einer festgelegten Verfahrensordnung durchgeführt. Insbesondere die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Streitmittler (Schlichter) muss gewährleistet sein. Das schließt aus, dass Schlichterstellen Verbrauchern generell einen höheren „Rechtsschutz“  zubilligen als Unternehmern und z.B. durch Beweiserleichterungen oder bei ergebnisoffenem Sachverhalt eine Schlichtungsempfehlungen zugunsten des Verbrauchers aussprechen.

Ein Anspruch auf Kulanz für Verbraucher besteht nicht, auch nicht vor einer Verbraucherschlichtungsstelle. Das Ziel einer einfachen, schnellen und kostengünstigen Rechtsdurchsetzung kann für Verbraucher allenfalls dann erreicht werden, wenn die Rechtslage tatsächlich eindeutig ist und sich auch der Unternehmer dem Schlichterspruch unterwirft. Eine verbindliche Kulanzregelung zugunsten des Verbrauchers durch eine Schlichtungsstelle ist nicht möglich.

6. Was haben Sie als Unternehmer von dem neuen Verbraucherstreitbeilegungsgesetz? – Suchen Sie den Dialog, das ist immer noch der beste Weg.

Mit Inkrafttreten des neuen Gesetzes und der Umsetzung der Informationspflichten zu diesem Verfahren werden Verbraucher vermehrt außergerichtliche Streitschlichtung nachfragen und erwarten. Unternehmer haben schon immer und unabhängig von der gesetzlichen Regelung ein Interesse, Streitigkeiten mit ihren Kunden zu vermeiden und diese möglichst außergerichtlich zu klären.

Dazu bestehen vielfach betriebsinterne Reklamations- und Beschwerdestellen, auf die Verbraucherkunden auch künftig verwiesen werden können. Unternehmer, die nicht freiwillig an dem gesetzlichen Schlichtungsverfahren teilnehmen wollen, können auf ihre internen Vermittlungs- und Serviceangebote verweisen und diese in der Werbung auch hervorheben.

Die vom europäischen Gesetzgeber angenommene Notwendigkeit, Schwierigkeiten bei der Rechtsdurchsetzung im europäischen Binnenmarkt zu beseitigen, kann ein gutes Argument dafür sein, Vertragsabschlüsse mit ortsansässigen Händlern zu bewerben. Auch diese gehören zum europäischen Binnenmarkt. Und das einfachste Verfahren der Streitschlichtung ist immer noch das persönliche Gespräch mit dem Vertragspartner vor Ort.

7. Was müssen Sie als Unternehmer seit dem 09.01.2016 beachten?

Die rechtliche Verpflichtung, auf der Website einen leicht zugänglichen Link zur europäischen Online-Schlichtungsplattform einzurichten,  besteht seit dem 09.01.2016. Zur Vermeidung kostenpflichtiger Abmahnungen müssen Sie  auf allen Websites, die online Vertragsabschlüsse anbieten – z.B. beim Impressum – zur europäischen Online-Schlichtungsplattform verlinken.

Erst ab Februar 2017 sind zusätzliche Informationen über die gegebenenfalls zuständige Schlichtungsstelle erforderlich. Bereits jetzt kann aber – freiwillig – auf die seit 01.04.2016 eingerichtete Allgemeine Schlichtungsstelle verwiesen werden, die Sie hier erreichen.

 

Sie haben Fragen zum neuen Verbraucherstreitbeilegungsgesetz? Sprechen Sie mich an. Ich unterstütze Sie gerne.